Senkung
Der Beckenboden bildet die untere Begrenzung des Bauchraumes und wird von den Beckenknochen eingerahmt. Er besteht aus Muskelplatten und Muskelzügeln und hat beim Mann zwei Durchtritte für die Harnröhre und den Analkanal, bei der Frau findet sich dazwischen noch der Durchtritt für die Scheide.
Der Beckenboden ist beim Mann sehr viel kräftiger, Senkungsbeschwerden sind daher eine echte Seltenheit. Bei der Frau allerdings führen mehrere Faktoren mit zunehmenden Alter zur Senkung dieser Muskelplatte: Dies ist vor allem die hormonelle Umstellung, oft Übergewicht und frühere Beanspruchungen und Verletzungen des Beckenbodens vornehmlich durch Geburten. Zudem kommt es dann zu einer sich selbst verschlechternden Situation: Durch die Dehnung der nach unten ziehenden Nerven werden die Muskeln des Beckenbodens nicht mehr so angeregt wie ehedem, worauf es zu einer weiter zunehmenden Senkung kommt. So sehen wir auch Senkungen bei Nervenerkrankungen wie z.B. der Nervenschädigung bei Diabetes mellitus.
Wie äußert sich das nun? Nach der Anatomie unterscheiden wir Mediziner drei „Abteilungen“: Das vordere Kompartiment, die Harnröhre, der mittlere Abschnitt mit Scheide und Gebärmutter und das hintere Kompartiment, der Enddarm mit dem Schließmuskelapparat.
Typisch ist eine zunehmende Harninkontinenz, hier ist es sinnvoll, dies mit der Frauenärztin, dem Frauenarzt zu besprechen oder sich bei einem Urologen vorzustellen. Im mittleren Kompartiment kann es passieren, dass entweder die Vorderwand der Scheide oder die Rückwand vorgewölbt werden, weil sich benachbarte Organe wie Blase oder Enddarm hier vordrücken. Auch das „nach unten Vorstülpen“ kann man gelegentlich sehen, dann krempelt sich der Vaginalschlauch um wie ein Strumpf, wenn er auf links gedreht wird. Dies ist für die Frau sehr unangenehm, führt zu Reizungen der Schleimhäute, die ja sonst geschützt im Inneren zu finden sind. Zudem ist dann oft auch die Stuhlentleerung schwierig und kann nur unter Zuhilfenahme der Hände erfolgen. Wir nennen das dann frustranes Pressen, d.h., dass es trotz des Pressens nicht zu einer Entleerung kommt, allerdings verstärkt dieses Pressen die Senkung weiter.
Im hinteren Kompartiment führt die Senkung auch zu einer Veränderung der Haltebänder. Der Enddarm kann sich auf einmal in sich stauchen und vorfallen. Dies kann zu einer sehr erschwerten Entleerung führen, weil diese Schleimhautfalte wie ein Stöpsel sich vor den inneren After legt , diesen dann bei weiterem Fortgang weitet und schließlich es zu einem auch von außen sichtbaren Vorfall kommt. Auch kann der Stuhl sich in einer Tasche fangen, die immer oberhalb des Schließmuskels sich in die Scheide vorwölbt, dies nennt man Rektozele. Oft ist eine Entleerung nur unter Zuhilfenahme des Fingers möglich.
Wie kann man dies therapieren?
Eine allgemein-gültige Regel gibt es auch hier nicht, obgleich die Beckenbodengymnastik fast immer sinnvoll ist. Die Patientin wird angelernt, bei einem Physiotherapeuten und sollte die Übungen weiter fortführen.
Alternativ oder zusätzlich kann man mit einem so genannten Biofeedback-Training arbeiten. Hier lernt die Patientin die muskuläre Aktivität des Beckenbodens zu steigern und kann dies gleichzeitig an einem Gerät ablesen. Wir führen mit zwei weiteren Praxen eine Studie durch, die die Wirksamkeit dieser Methode überprüfen soll.
Operativ lassen sich viele Eingriffe von „unten“ her operieren, dies sind dann Raffungen der Wand des Enddarmes und manschettenartige Entfernungen der vorfallenden Darmwand. Einige Formen bedürfen aber einer größeren Kürzung des End– und Dickdarmes mit einem gleichzeitigen Hochzug und der Fixierung am Kreuzbein. Diese Operationen lassen sich in der Regel auch minimal-invasiv durchführen.
Zur weiteren Abklärung führen wir neben der körperlichen Untersuchung eine Druckmessung des Schließmuskels durch, es folgen dann die Spiegelung des Enddarmes (Rektoskopie) und die Ultraschalluntersuchung des Schließmuskel (Endosonographie). Damit lassen sich schon sehr viele Fragen beantworten, gelegentlich ist aber die Durchführung einer Beckenboden-MRT erforderlich. In dieser Untersuchung, die auch Kernspintomographie genannt wird, wird der Enddarm mit Ultraschallgel aufgefüllt und man simuliert einen Ruhezustand, dann die Veränderungen beim Kneifen, Pressen und bei der Entleerung. Mit dieser Untersuchungstechnik ist es möglich, auf einmal das Zusammenspiel der Organe des Unterbauches darzustellen und halt ihre Störung.