Obstipation
chronische Verstopfung
Ab wann man von einer Obstipation spricht, ist nicht einheitlich geregelt. Die Vorstellung allerdings, die in unserer Eltern-Generation und vor allem davor immer wíeder weiter gegeben worden ist und sicherlich viele traumatisiert hat, ist sicherlich überholt, dass nämlich der Mensch täglich abführen müsse. In der Regel wird ein Stuhlgang weniger als drei Entleerungen pro Woche als Verstopfung definiert, führend ist hier allerdings, wie der Patient dies sieht. So sind Entleerungen für einige Patienten alle drei Tage normal und nicht störend und bedürfen daher auch keiner Therapie, für andere wiederum belastend und mit Bauchschmerzen und Völlegefühl assoziiert.
Warum viele Patienten Zeiträume mit vermehrter Verstopfung haben, ist unklar, dies ist sicherlich auch Bestandteil unserer Ernährungsgewohnheiten und unseres Gemütszustandes.
Man muss sich klar machen, dass in der Menschheitsgeschichte über Zehntausende an Jahren wir vornehmlich Kohlenhydrate gegessen haben, sprich, was aus dem Garten oder Feld kam. Zu seltenen Gelegenheiten kam dann mal ein Stück Fleisch dazu. Heutzutage sind wir von einer Fülle an Nahrungsmitteln umgeben, die eine viel höhere Kaloriendichte aufweisen, heißt, die viel weniger Ballaststoffe beinhalten. Ballaststoffe sind Nahrungsbestandteile, die wir nicht verdauen, sondern die unverdaut entweder ausgeschieden werden oder von den im Darm lebenden Bakterien verstoffwechselt werden. Ballaststoffe und ihre Abbaustoffe brauchen aus physikalischen Gründen eine sogenannte Wasserhülle um sich, heißt, dass der menschliche Darm aus dem Stuhl nicht so gut das Wasser entziehen kann. Damit bleibt der Stuhl voluminös und weich. Bei den meist gegessenen Speisen ist der Anteil, den wir verdauen, aufnehmen und dann auch verbrennen müssen, viel zu hoch, so dass wir häufiger unter Verstopfung zu leiden haben. Weiterhin führt die hochkalorische Kost dazu, dass die meisten Menschen die aufgenommen Kalorien nicht verbrennen oder verbrauchen, der Körper wandelt dann diese Nahrungsbestandteile in körpereigenes Fett um. Dies könnten wir brauchen, falls mal eine Hungersnot aufkommt - dies auch als Folge zehntausendjährigen Kampfes gegen Hunger und Kälte.
Weiterhin reagiert der Verdauungstrakt auf unsere Gemütslage, dies gut zu erkennen an Redewendungen wie "Der macht vor Angst in die Hose." Dies kann nur gering, kann aber auch sehr ausgeprägt sein, ist allerdings nicht krankhaft. Erst wenn es zu massiven Beschwerden führt, spricht man vom "Reizdarm" oder "irritablen Colon". Zusätzlich zur Nahrungsumstellung kann eine Psychotherapie bei einem psychsomatischen Kollegen helfen.
Daher ist der Schlüssel für die meisten Obstipationsbeschwerden in der Änderung der Nahrung zu suchen. Wer zum Beispiel ein Knäckebrot isst zum Frühstück, der ist ganz wenig Kohlenhydrate, aber viel Butter oder Quark oder Honig oder Schinken - alles keine Ballaststoffe. Besser ist es da schon, z.B. normales Brot, besser noch Vollkornbrot zu essen, da die Sättigung hier nicht so sehr über den Belag, sondern über das Brot eintritt. Und ob Sie einen probiotischen Joghurt essen oder nicht, ändert an dem Problem sicherlich nichts. Ein gutes Müsli zum Frühstück hat einen hohen Anteil an Ballaststoffen und kann eigentlich ganz lecker sein. Zu den größeren Mahlzeiten kann man eigentlich auf gut-deutsche, bürgerliche Küche zurückgreifen, Salzkartoffeln mit einem Rotkohl und einem vielleicht auch magerem Braten - das ist wirklich gesund. Es muss nicht gleich fade schmecken. Sollten Sie dann Lust auf Gebäck zum Kaffee haben, dann vermeiden Sie Blätterteig, da der Fettanteil extrem hoch ist. Viel besser sind hier Hefeprodukte.
Wer aber seinem Körper chronisch zu wenig Wasser anbietet, der muss sich nicht wundern, wenn dieser die Darmpassage so verlangsamt, dass vermehrt Wasser dem Darm im Dickdarm entzogen wird. Bieten Sie Ihrem Darm das Wasser auch an. Und ob das sprudelt oder nicht, sei mal ganz egal. Alkoholfreies Bier ist sicherlich ebenbürtig, auch Limonaden wie Cola sind immer besser, als gar nichts zu trinken.
Wieviel Sie dann brauchen, können nur Sie wissen, probieren Sie es aus - täglich drei Liter als Regel für alle ist einfach Quatsch.
Zusätzlich zu den diätetischen Maßnahmen empfiehlt sich, weitere Ballaststoffe zu sich zu nehmen, verbreitet sind hier Leinsamen oder die gemahlenen indischen Flohsamenschalen, ein pflanzliches Produkt (eine Wegerich-Art), die nichts mit Flöhen zu tun hat. Diese kann man in ein Glas Orangensaft einrühren, wir empfehlen als Anfangsdosis einen Esslöffel. Dann gleich schlucken und nicht warten, bis das gequollen ist.
Die sogenannten Makrogolpräparate funktionieren wie die natürlichen Quellmittel, nur deutlich besser. Hier speichern große Moleküle das Wasser, diese Moleküle sind aber so groß, dass der Darm sie nicht aufnehmen kann, sie rutschen also so durch. Die Makrogolpräparate stellen mittlerweile die wichtigste Gruppe an Medikamenten dar in der Behandlung der chronischen Verstopfung.
Sogenannte Laxantien oder Abführmittel wie Laxoberal, Abführtropfen, Dulcolax, etc. sind nur für akute Verstopfung sinnvoll und gehören nicht zur Therapie der immer wieder kehrenden Obstipation. Hier kommt es zu einer Gewöhnung und immer höhere Dosen müssen genommen werden, die dann zu auch gravierenden Veränderungen im Körper führen können. Seit kurzem ist ein Medikament zugelassen worden für Frauen, die unter den genannten Maßnahmen nicht besser werden, dann darf Resolor eingesetzt werden, die führt zu Tagestherapiekosten von 3 Euro.
Ein weiterer Therapieansatz bildet die anale Stimulation mit Strömen, wir nehmen an einer multizentrischen Studie mit Patienten mit Verstopfung und Entleerungsschwierigkeiten teil, dabei wird zur Zeit das Contrain-Gerät der Firma Procon aus Hamburg eingesetzt, der Internetauftritt ist sehr informativ gestaltet und lesenswert.
Sollten Obstipationsbeschwerden sich dennoch nicht bessern, so ist eine weitere Abklärung erforderlich, vor allem, wenn die Veränderungen im höheren Lebensalter auftreten. Erste und wichtigste Diagnostik ist hier die Coloskopie, die zum Ausschluss einer Enge durchgeführt wird, die auch durch einen Tumor ausgelöst werden kann.